Geschichten aus Paris und der Rue Poncelet 4/18

 

Chers Amis de la Rue Poncelet, liebe Gäste,

Sie wissen natürlich, dass Frankreich gerade Fussballweltmeister geworden ist. Die Endspiele waren spannender als ein Krimi und wesentlich unblutiger. Unsere Pariser Metrostation „Charles de Gaulle-Etoile“ wurde gestern der Fussballmannschaft zu Ehren vorrübergehend umgetauft, und heisst jetzt „2 Etoiles“ (In Anlehnung an die 2 Sterne für 2 Weltmeisterschaften). Das muss ich nächste Woche unbedingt fotografieren!

Blick auf den Innenhof der Rue Poncelet Paris

Das letzte Mal schrieb ich Ihnen im März. Das ist lange her! Damals war Saisonstart in der Rue Poncelet und gleichzeitig streikte die französische Eisenbahn. (Im Streiken sind die Franzosen Experten). 3 Monate lang hat der Spuk gedauert, im Schnitt an 2 Tagen in der Woche. Für mich bedeutete das Krisenmanagement und intensive Gästebetreuung. Gott sei Dank haben wir alle Klippen umschiffen können.

Einmal hat es mich selbst erwischt: Am Gare de l’Est in Paris wurde mein Zug alle 10 Minuten mit weiterer Verspätung angesagt. Das dauerte Stunden und es gab am Bahnhof nur noch einen einzigen Sitzplatz: an einer Art Bar, an dem man sein Handy aufladen kann. Um den nötigen Strom zu erzeugen, muss man unter dem Tisch in die Pedale treten. Neben mir saß ein Mann, der genüsslich ein Sandwich verzehrte und ein Bier dazu trank. Jeder der ihn ansprach, um sein Handy aufzuladen, bekam die gleiche Antwort: „Der Anschluss ist defekt!“ Dann kam eine Dame zu mir und wollte mich verjagen: die Station wäre schließlich dazu da, das Handy aufzuladen…ich: „wenn Sie mir an diesem Bahnhof einen anderen Platz besorgen, dann können Sie sich hier gerne Ihr Handy aufladen“. Sie wurde ziemlich giftig. Erst im Zug fiel mir ein: wenn ich doch nur gesagt hätte: „der Anschluss ist defekt“, anstatt blauäugig und treudeutsch die Wahrheit zu sagen…

Irgendwann hatten wir eine Eigentümerversammlung: der Punkt, der mich am meisten interessierte, war die mögliche Installation eines Aufzuges in unserem Treppenhaus. Natürlich gibt es immer Mitbewohner, die dagegen sind, also braucht es Geduld und ein gutes Lobbying. Im September wird weiter diskutiert. Wir müssen also auch fortab sportlich bleiben!

Unser Treppenhaus-Eingang in der Rue Poncelet ist übrigens jetzt vornehm mit einem goldenen „C“ gekennzeichnet, doch das Schönste überhaupt ist die neue Sprechanlage an der großen Eingangstür: Haben Sie den Code eingetippt, sagt eine weibliche Stimme: „La porte est ouverte!“ Ich bitte Sie, was kann es schöneres geben als jemand, der Ihnen sagt: „die Tür ist offen…kommen Sie doch herein, herzlich willkommen“

Et voilà, in der Rue Poncelet steht die Tür immer offen für Sie.
Bienvenue à Paris, la porte est ouverte !

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