Geschichten aus Paris 3/20 – Zu Fuß quer durch Paris

„La Traversée de Paris“ – Quer durch Paris – meine Wanderung von der Rue Poncelet (17ème) bis Bercy (12ème).

Der Wecker klingelt, fünf Uhr morgens, keine christliche Zeit in den Ferien. Kurz nach 6 Uhr stehe ich vor der Tür auf dem Markt in der Rue Poncelet. Draussen ist es hell, meine I-Watch, die alles kann, zeigt 23° an. Das ist der Grund, warum ich so früh abwandere. In Paris ist – ausnahmsweise – Hitzewelle! Auf dem Markt Hochbetrieb: der Obst- und Gemüsehändler von nebenan lädt gerade kistenweise Melonen frisch vom Großmarkt Rungis aus.

Meine erste gelb-rote Wegmarkierung befindet sich erst am Eiffelturm. Der Weg dahin führt mich über den Place de l‘Etoile und der Avenue Victor Hugo, eine der feinsten Adressen von Paris. Ich drücke mir die Nase am Schaufenster eines Chocolatiers platt, in dem eine lebensgroße Skulptur aus reiner Schokolade steht. Ich denke der Laden hat eine gute Klimaanlage.

Währenddessen stellen Pariser Conciergen (Hausmeister) im Morgenmantel ihre Mülleimer raus, was mir wiederum gestattet, durch die offenen Türen einen Blick in gepflegte Innenhöfe zu werfen. Überall sieht man grüne Männchen mit grünen Besen, eine Armee von Straßenkehrern und Gärtnern. Ich wusste gar nicht, wie viele Blumenbeete und Grünanlagen es in Paris gibt. Die Sonne ist  gerade aufgegangen, erstaunlicherweise sind sogar schon ein paar Touristen unterwegs.

Die große Überraschung erwartet mich auf dem Trocadéro oberhalb des Eiffelturms: hier ist schon richtig was los! Pseudo-Hochzeitspaare – überwiegend aus Fern-Ost – lassen sich in voller Montur ablichten, auch Fotomodelle müssen schon sehr früh aufgestanden sein, sie sind perfekt gestylt, und es ist noch keine 7 Uhr.

Ich suche meine Wegmarkierung, und finde sie erleichtert an einem Laternenpfahl links vom Eiffelturm. Mein Wanderführer (Topoguide: Paris à Pieds) ist in verschiedene Streckenabschnitte unterteilt, jeder ist mit einem Plan versehen und einer kurzen Beschreibung. Deshalb weiß ich jetzt, dass der Eiffelturm mit 2,5 Millionen Schrauben zusammengehalten wird.

Auf dem Champs de Mars – im Park hinter dem Eiffelturm hat es sich ein Pärchen für die Nacht in einem leeren Wasserbecken bequem gemacht. Ich bin besorgt: wenn jetzt die Gärtner den Springbrunnen auf Distanz in Betrieb nehmen, was dann?

Sobald die Ecole Militaire hinter mir liegt, gönne ich mir nach 8 Kilometern ein anständiges zweites Frühstück auf der Terrasse am Place Vauban. Als Belohnung ein Blick auf den Invalidendom, ganz ohne Touristen!

Weiter geht’s im Zickzackkurs durch das 7. und 6. Arrondissement. Im Jardin du Luxembourg, in dem der französische Senat seinen Sitz im herrschaftlichen Schloss hat, gibt es unendlich viele Stühle zum Ausruhen. Denn angeblich darf man hier nicht auf dem Rasen herumludern. Ich genieße ein schattiges Plätzchen bis ich in meinem Führer lese, dass gleich hinter mir eine Millionen Bienen in 20 Bienenstöcken zu Hause sind. Das sind mir ehrlich gesagt einige zu viel.

Der Jardin du Luxembourg ist ein wahres Blumenmeer, den offensichtlich auch einige Touristen bewundern. Doch auf einmal kommt Bewegung in die Gruppe, die ich aus der Ferne beobachte. Ein chinesisches Paar ruft laut um Hilfe, Taschendiebe waren wohl am Werk. Leider sind Gäste aus Fernost beliebte Opfer, denn sie sind bekannt dafür, dass sie viel Bargeld mit sich herumtragen. Eine traurige Erfahrung, doch helfen kann ich nicht.

Den Panthéon lasse ich links liegen und steige hoch zum Place de la Contrescarpe im Quartier Latin. Es ist einer meiner Lieblingsplätze, schon allein deshalb, weil Hemingway hier gelebt hat und sein Buch „Paris ist ein Fest“ schrieb. Ich stimme ihm zu!

Der nächste Park (Arènes de Lutèce) ist schon in Sicht, er umgibt die Arena von Lutetia, ein Amphitheater aus der Römerzeit. Sogar die Löwenkäfige kann man heute wieder besichtigen. Es ist schon ziemlich heiß, eine ganze Kolonie von Kindern wirbelt Staub auf, spielt Verstecken, man hört ihr Gelächter von weit her. Ich gehe derweil immer meinen gelb-roten Wegmarkierungen nach, die ich mal an Laternen, mal an Ampeln entdecke. Der Plan ist dabei allerdings unentbehrlich.

Der Jardin des Plantes hätte mehr von meiner Aufmerksamkeit verdient, doch die Hitze macht mir zu schaffen, der Magen knurrt, ich will so schnell wie möglich die Rue Poliveau und das Bistro „La traversée de Paris“ erreichen – Hier wurde dieser Kultfilm („Zwei Mann, ein Schwein und die Nacht von Paris“) mit Jean Gabin, Louis de Funès und Bourvil gedreht. Die Handlung spielt 1942 im besetzten Paris. Bei Nacht und Nebel transportierten die Komparsen ein für den Schwarzmarkt geschlachtetes Schwein quer durch Paris…
Ich genieße mein Mittagessen im Bistro „la Traversée de Paris“, marschiere danach noch einige Kilometer bis ich vor dem Finanzministerium Bercy etwas ermattet ein Taxi zurück nach Hause nehme. Ohne Zweifel, im letzten Sommer war diese Wanderung mein schönstes Ferienerlebnis! Non, je ne regrette rien!

Offizieller Start ist die Metrostation Porte Dauphine am Bois de Boulogne, Ziel nach 20 km ist die Porte Dorée am Parc de Vincennes. Der Weg ist im Wanderführer der Fédération Française de Randonnée (FFRP) ausführlich beschrieben. Das neueste Exemplar liegt in meiner Wohnung aus! Topoguide „Paris à Pied“ https://boutique.ffrandnnee.fr/topoguide-paris-a-pied-2

La Samaritaine in Paris

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